«Dem Kanton Zürich geht es gut, aber…»

Podium am Launch Event

Fotos: Guillaume Musset, ZHdK

Über 100 Personen haben am 23. Oktober 2025 mit uns den Launch des DIZH Public Data Labs (PDL) gefeiert. Zur Frage «Wie messen wir den Puls des Kantons Zürich?» gab es neben einer Rede der Regierungsrätin Jacqueline Fehr ein Podium mit Vertreterinnen und Vertretern des PDL sowie eine Soundperformance zu unberechenbaren Daten. Durch den Abend geführt hat die Journalistin und Moderatorin Bigna Silberschmidt.

Um 18 Uhr hat die Rektorin der Zürcher Hochschule der Künste, Karin Mairitsch, den Launch Event im Toni-Areal eröffnet. Sie begrüsste alle Anwesenden und insbesondere Regierungsrätin Jacqueline Fehr, die als Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern für das Statistische Amt des Kantons Zürich verantwortlich ist. In ihrer Rede wies Jacqueline Fehr darauf hin, dass es Kooperationen wie das DIZH Public Data Lab brauche: «Gesellschaftliche Veränderungen sind komplex und lassen sich nicht aus einer einzigen Perspektive verstehen.» Dank Kooperationen würden neue Perspektiven, neues Wissen, aber auch neues Vertrauen entstehen, so Fehr. Speziell am Public Data Lab ist laut Fehr, «dass Partnerinnen und Partner zusammenkommen, die unterschiedlicher kaum sein könnten». Doch genau das mache die ganze Sache spannend. Weiter betonte sie die Bedeutung der öffentlichen Statistik und deren Glaubwürdigkeit. Gemäss Fehr braucht es Ressourcen, Transparenz und Dialog, um die Glaubwürdigkeit der Statistik zu bewahren: «Wenn Statistik relevant bleiben will, muss sie sich öffnen und auch innovativ bleiben.» Genau hier setze das PDL an, so Fehr weiter.

In ihrer Rede betonte Jacqueline Fehr, Regierungsrätin und Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern, betonte die Bedeutung der öffentlichen Statstik.
Karin Mairitsch, Rektorin der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), begrüsst das Publikum.
Journalistin und Moderatorin Bigna Silberschmidt führte durch den Abend.
In die Praxis statt Schublade

Karin Mairitsch hat dann das Wort an die Journalistin und Moderatorin Bigna Silberschmidt übergeben, die durch die Veranstaltung geführt hat. Bigna Silberschmidt erinnerte sich an ihre Zeit an der Uni und bedauerte, dass Masterarbeiten leider viel zu oft in Bibliotheken verstauben würden, ohne dass etwas aus dem gewonnenen Wissen entstehen würde. Dies sei beim PDL anders, meinte sie, weil die Zivilgesellschaft von Beginn an mitgenommen werde. Sie übergab das Wort an Ross Purves, Professor für Geocomputation an der Universität Zürich (UZH) und Initiator des PDL. In seiner Rede hat Ross ausgeführt, warum es das PDL braucht und dabei auch erklärt, wodurch sich Indikatoren von Daten unterscheiden: «Indikatoren sind Daten, die zu einem bestimmten Zweck erhoben und Informationen liefern. Sie dienen dazu, Erfolg, aber auch Misserfolg zu messen, und können so helfen, informiert Massnahmen zu entwickeln, diskutieren und allenfalls wieder anzupassen.» Das PDL wolle aber mehr, so Ross weiter, zum Beispiel kritische Stimmen von Bürger*innen einholen, um herauszufinden, wo Indikatoren die Realität nur sehr lückenhaft abbilden. Er betonte zudem, dass alle beim PDL mitmachen könnten und das Projekt offen für Kollaborationen sei.

Gesellschaftliches Wohl des Kantons

Nach der Rede von Ross Purves hat Bigna Silberschmidt die Teilnehmenden des Podiums auf die Bühne gebeten: Andrea Schnell, Co-Leiterin des Statistischen Amtes des Kantons Zürich, Karin Schwiter, Professorin für Arbeitsgeographie am Geographischen Institut der UZH, Marcel Bleuler, Leiter des Instituts für Contemporary Art Research an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), und Ralph Straumann, Leiter Data Science bei EBP und im Beirat des PDL. Von Andrea Schnell wollte Bigna Silberschmidt wissen, wie gut es denn dem Kanton Zürich aktuell gehe. «Es geht ihm gut, zumindest lässt sich das über den Teil des Kantons sagen, der in der öffentlichen Statistik sichtbar ist, aber genau darin besteht die Herausforderung», meinte Andrea, und ergänzte: «Es gibt viele Bereiche, in denen Datenlücken bestehen, und diese Lücken wollen wir im PDL angehen – auf verschiedenste Art und Weise.»

In seiner Präsentation des DIZH Public Data Labs gab Ross Purves ein Beispiel für einen Indikator. Den Indikator für potentielle Energiearmut in der Schweiz hat Carmen Pfoster im Rahmen ihrer Masterarbeit entwickelt.
Das Podium (v.l.n.r.) mit Moderatorin Bigna Silberschmidt, Andrea Schnell, Co-Leiterin des Statistischen Amts des Kantons Zürich, Ralph Straumann, Leiter Data Science bei EBP und im Beirat des PDL, Karin Schwiter, Professorin für Arbeitsgeographie am Geographischen Institut der UZH und Marcel Bleuler, Leiter des Instituts für Contemporary Art Research an der ZHdK.
Zum Abschluss stellten sich die Podiumsteilnehmenden den Fragen des Publikums.
Datenlücken nicht nur mit Daten füllen

Zu solchen Datenlücken resp. Menschen, die nicht in der Statistik erfasst werden, forscht Karin Schwiter. Bigna Silberschmidt möchte von Karin ein Beispiel hören, weshalb Menschen von der Arbeitsmarktstatistik nicht erfasst würden. «Dazu gehören Menschen, die über digitale Apps Reinigungsaufträge in Privathaushalten an Land ziehen. Oder jemand, der für zwei Wochen bis drei Monate aus Polen in die Schweiz kommt, um ältere Menschen zu betreuen», zählt Karin auf. Nicht in der Statistik vorzukommen, bedeute für die Betroffenen auch, dass ihre Bedürfnisse nicht wahrgenommen werden, so Karin weiter. «Wo könnte hier die Kunst ins Spiel kommen?», fragte Bigna Silberschmidt Marcel Bleuler. «Auch in der Kunst generieren Forschende soziales Wissen und auch wir arbeiten qualitativ, aber jenseits der Methodik der Wissenschaft», erklärte Marcel und nannte als Beispiel Verity-Jane Keefe, die Zeit mit Menschen in deindustrialisierten Gebieten in Grossbritannien verbringt und mit ihnen nach Handlungsräumen sucht. «Daraus entstehen sehr diverse Produkte wie Soap Operas oder Radiostationen, die sich nicht eindeutig als Daten materialisieren, sondern eine andere Wahrnehmung auf gesellschaftliche Zusammenhänge bringen», führte Marcel aus.

Open Data noch nicht Standard

Daten entstehen aber nicht nur im wissenschaftlichen Kontext, sondern auch im gesellschaftlichen, sagte Bigna Silberschmidt und hätte von Ralph Straumann gerne ein Beispiel für Letzeres. «Daten werden auch von Plattformen der Parahotellerie, wie zum Beispiel Airbnb, der Gig Economy, wie zum Beispiel Essenslieferdienste, Putzaufträge, oder von Sport-Tracking-Apps erhoben», zählte Ralph auf. Nicht immer seien die Daten öffentlich zugänglich, sagte Ralph, und erklärte, was daran problematisch ist: «Nehmen wir Zahlen zu Velofahrenden im Kanton Zürich. Der Kanton hat ca. 20 Zählstellen, die Stadt Zürich nochmals etwa 20. Das sind die Daten, die den Planer*innen des Veloverkehrs offiziell zur Verfügung stehen.» Aus einer Studie, die Ralph selbst durchgeführt hat, weiss er, dass Sport-Tracking-Apps hingegen viel mehr und feiner aufgelöste Daten zum Veloverkehr im Kanton Zürich haben. «Strava ist ein schönes Beispiel, weil die Tracking-Plattform Daten für öffentliche Zwecke zur Verfügung stellt», so Ralph. Das sei aber nicht immer der Fall, betonte er. In anderen Fällen gehe es nicht ohne Regulation. Andrea ergänzte, dass das PDL seine Daten und den Code öffentlich machen wolle, ohne dabei Persönlichkeitsrechte zu verletzen.

Akustisches Geschenk zum Abschluss

Die Soundperformance der Künstlerin und Informatikerin Valentina Vuksic zum Abschluss des Launch Events war ein Beispiel dafür, wie Daten auf einer emotionalen Ebene ausgedrückt und erfahrbar gemacht werden können. Dafür hat Valentina digitale Datenverarbeitungsprozesse über den Elektrosmog, den sie produzieren, in hörbare Erfahrungen umgewandelt.

Die Künstlerin und Informatikerin Valentina Vuksic verwandelt den Elektrosmog von Datenverarbeitungsprozessen in Sound.

Im Anschluss haben sich alle im Bistro Tonino getroffen, um auf den Launch anzustossen und die italienischen Häppchen zu geniessen.

Merci!
Wir danken allen, die in irgendeiner Weise zum Gelingen dieses Abends beigetragen haben. Ein herzliches Dankeschön auch an die Technik der ZHdK, die uns mit Licht und Ton unterstützt hat, und die Tonino-Crew, die uns mit feinen Häppchen verwöhnt hat!

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